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Orchestre Place de l'Europe | Interview of
Benj min
Schäfer

Eva Klein
Das Orchestre Place de l'Europe auf der Bühne des Grand Auditorium

Nach drei Jahren, wie hat sich der Klang des Orchesters entwickelt?

Jetzt sind wir nicht mehr so schüchtern. Wenn wir proben, ermutige ich die Musiker immer, freier zu spielen, bzw. sich nicht hinter den Noten zu verstecken. Sie sollen gemeinsam versuchen, den vollen Klang zu entfalten. Auch die Kommunikation ist besser geworden. Die Musiker lösen sich viel mehr von den Noten und versuchen, miteinander Kontakt aufzubauen. Wir gehen auf die Bühne, um uns zu präsentieren. Man muss einfach Platz nehmen und zeigen, was man in den Monaten davor erarbeitet hat. Ich merke, dass sich die Musiker verglichen mit den Anfängen viel mehr zutrauen. Sie kennen einander und das macht sich im breiteren und tieferen Klang bemerkbar. In den Proben geben sie sofort vielmehr, auch weil ich sie dazu animiere (lacht).

 

Sind die Musiker durch diese Orchesterkultur inzwischen auch zu einer engeren Gemeinschaft geworden?

Auf jeden Fall! Im Amateurbereich geht es nicht nur darum, Musik zu machen, sondern auch soziale Kontakte zu pflegen und Freundschaften zu schließen. Beim Orchestre Place de l’ Europe kommen Menschen zusammen, die sich sonst im Alltag vielleicht nicht begegnen würden: verschiedene Altersgruppen Berufe, usw. Ich denke, das ist in jeder Hinsicht ein großartiges, diverses Orchester.

Wenn man sich auf seine Kollegen und die Proben freut, dann macht man noch bessere Musik! Für die Musizierenden ist das eine Möglichkeit, auf andere Gedanken zu kommen. Im Anschluss gehen wir Pizza essen – das ist einfach ein toller Tagesabschluss.

 

Was sind die Perspektiven, die die Arbeit mit Amateurmusikern bietet?

Ich bin immer begeistert, welche Liebe und Leidenschaft dabei ist – manchmal sogar mehr als bei Berufsmusikern. Für Amateure sind Dinge, die wir für selbstverständlich halten, oft etwas Besonderes: dass sie im Grand Auditorium proben dürfen, dass wir in Berlin konzertieren usw. Für uns Profis ist das normal, es ist unsere Arbeit. Die Mitglieder des Orchestre Place de l’Europe wissen diese Gelegenheiten zu schätzen und sind unglaublich motiviert.  

Ich finde es sehr inspirierend, was Menschen mit einem gewissen Training leisten können, was sie mit Fleiß auf die Beine stellen. Beeindruckend ist auch, dass sie so ein hohes Level erreichen mit nur einer Probe pro Woche, einfach weil Musik ihre Leidenschaft ist.

 

Angesichts all dieser Projekte und Meilensteine: bedeutet das, dass der Wirkungskreis des Orchesters Europa ist?

Nach drei Jahren geben wir unser erstes Konzert im Ausland. Ich kann mir vorstellen, dass auch in Zukunft der Austausch mit anderen Amateurorchestern und Konzerte außerhalb Luxemburgs ein Bestandteil der Arbeit sein können. Alle paar Jahre eine Reise zu machen, um den Kopf frisch zu halten und in einem anderen Orchester Freundschaften zu knüpfen und Eindrücke und Motivation zu sammeln, kann einem Amateurorchester viel bringen. Wenn wir in Berlin spielen, werden wir einen neuen Saal und eine neue Atmosphäre kennenlernen, mit einem neuen Dirigenten arbeiten… Ich glaube, viele werden nach diesem Projekt nach Hause kommen und sagen: «ich bin so motiviert, es hat so viel Spaß gemacht, es hat sich alles gelohnt». Und was für ein toller Moment, sich dann von Familie, Freunden und Bekannten feiern zu lassen!

 

Gibt es schon Werke oder Komponisten, auf die wir uns in Zukunft freuen können?

Ich würde gerne ein amerikanisches Programm spielen, mit Komponisten wie Leonard Bernstein und George Gershwin. Wir haben auch vor, bald ein großes symphonisches Werk mit Chor zu spielen!

 

Als musikalischer Leiter, was sind Ihre Kriterien, um das Repertoire des Orchesters zu bestimmen?

Die Kernaufgabe ist, ein großes Werk für großes Symphonieorchester zu finden. Ich bevorzuge es auch, ab und zu Experimente zu machen, wie in der Saison 2024/25 mit Ottorino Respighis Pini di Roma und Tan Duns Passacaglia für Orchester, CD und Handys. Die Musizierenden brauchen ein gewisses klassisches Repertoire, aber ich finde es auch schön, kleine Experimente zu wagen. Ein Amateurorchester ist dazu da, dass sich die Mitglieder weiterentwickeln, dass sie über sich selbst hinauswachsen mit Stücken, die vielleicht einmal zu schwer oder langweilig waren. Ich fand es großartig, einmal ein ganz extravagantes, extrovertiertes Programm zu haben, und dass alle sich danach gesagt haben: «Das war ein tolles Abenteuer –  können wir wieder machen!».

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